Aktives Zuhören – Schnee von gestern

Ist „Aktives Zuhören“ für die heutige Berufspraxis relevant?

Aktives Zuhören - Schnee von gestern

Klaus Kissel ist Coach und Führungskräftetrainer, er ist gemeinsam mit Uwe Reusche Geschäftsführer von ifsm – institut für salesmanagement.

„Aktives Zuhören! Wenn ich das schon höre, dann bekomm ich echt zu viel. Dieses ständige Wiederkäuen, das ist so was von albern und nicht praxisrelevant“. Dieses klare Statement einer Führungskraft in einem Workshop zeigt auf, dass das Thema „Aktives Zuhören“ durchaus kritisch gesehen wird.

Aktives Zuhören als Haltung

Das Seminargeschäft ist ein schnelllebiges und warum nicht dieses alte Thema begraben und nach neuen „Tools“ greifen, die versprechen, die Zusammenarbeit im Betrieb zu verbessern?
Ja, dieses Thema kann getrost begraben werden. Allerdings nur dann, wenn „Aktives Zuhören“ als Tool, also als ein Rezept für problematische Praxissituationen verstanden wird. Wenn „Aktives Zuhören“ allerdings für eine grundsätzliche Haltung steht, dann ist es zeitlos wichtig! „Aktives Zuhören“ in diesem Sinn ist keine Technik, die blind angewendet wird. Das bloße Wiederkäuen, das unser Kritiker für seine Praxis ablehnt, wäre eine solche Technik. Ohne die Haltung, aktiv zuhören zu wollen, das heißt, ein echtes Interesse daran zu haben, was das Gegenüber sagen möchte, wird keine Methode wirkungsvoll sein!

Verstehen heißt den Verlust an Information zu verringern

Im Gespräch sind wir uns oft sicher: Wir verstehen einander. Im Anschluss wundern wir uns aber über so manches Missverständnis. Das liegt daran, dass es in jedem Gespräch enorme Informationsverluste gibt. Alles was uns gesagt wird, interpretieren wir vor dem Hintergrund unsrer Erfahrungen, Gefühle und Vorannahmen. Ein und dieselbe Aussage wird bei verschiedenen „Zuhörern“ ganz andere Ideen und Gedanken auslösen und wird deshalb auch anders verstanden. Kein Leser dieses Artikels wird alle Inhalte so wiedergeben können, ohne dass er etwas weglässt oder hinzufügt. Wenn wir jetzt davon ausgehen, dass ein Gespräch zwischen zwei und mehr Personen wesentlich komplexer als das Lesen eines Artikels ist, wird klar, warum es wichtig ist, diesen Verlust an Information zu verringern.

Aktives Zuhören: ganz konkret

Erst mit diesem Wissen und der grundsätzlichen Haltung macht es Sinn, verschiedene Techniken anzuwenden. Paraphrasieren und Verbalisieren sind zum Beispiel solche Techniken. Paraphrasieren meint, das Gehörte mit eigenen Worten sachlich zu wiederholen. Der Satzanfang „Habe ich dich richtig verstanden, dass…“ ist dabei nur eine von vielen Möglichkeiten. Verbalisierung geht noch einen Schritt weiter, hier werden die – ohnehin stattfindenden – Interpretationen offen kommuniziert. Das heißt, hier äußert der Zuhörende seine Vermutung, welche Motive, Gefühle oder Hintergründe der andere hat. „Dich ärgert also, dass du…“ könnte eine Interpretation sein, die angesprochen wird. Dabei ist es wichtig, die Aussagen des anderen nicht direkt zu verurteilen. Ein gutes Urteil kann ich erst dann fällen, wenn ich möglichst genau verstanden habe, was der andere gesagt hat.

Der authentische Zuhörer

Natürlich geht es ganz klar nicht darum „Standard-Floskeln“ zu entwickeln, die wir im Berufsalltag immer wieder gebetsmühlenartig abspulen. Das bedeutet aber nicht, dass es unwichtig ist, neue Formulierungsmöglichkeiten auszuprobieren. Alles Neue – auch neue Verhaltensweisen – sind uns zunächst fremd und gehen nicht leicht von der Hand. Wer zum Beispiel seit Jahrzehnten Fußball spielt, wird sicher seinen eigenen, authentischen Stil entwickelt haben, aber immer auf der Basis von Übungen, die in der Vergangenheit einmal trainiert werden mussten, bevor man sie beherrscht und sie individuell in seinen eigenen Stil einbaut. Ebenso müssen wir in der Kommunikation neue, vielleicht zunächst ungewohnte, Möglichkeiten lernen, um sie dann passend für uns und die konkrete Berufspraxis einzusetzen. Professionelles Führungshandeln, in dem hier verstandenen Sinne meint also seine Kommunikationsfähigkeiten und sein Wissen über „Aktives Zuhören“ zu erweitern um es dann authentisch anzuwenden. Authentisch bin ich als Führungskraft dann, wenn mein Mitarbeiter erkennt, dass ich ihn auch tatsächlich verstehen will. Die Haltung ist also das A und O von professioneller Führung.

Die Autoren: Klaus Kissel, Christine Weisrock

Das Institut für Salesmanagement ist das Qualifizierungs- und Entwicklungsberatungsunternehmen im Bereich Sales Management. Es bietet systemische Führungskräfteseminare, Organisationsentwicklungsmaßnahmen und Coaching für Vertriebsführungskäfte an. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Urbar bei Koblenz und ist international tätig. Die Trainer und Coaches von ifsm zeichnen sich, neben systemischem Fachwissen durch jahrelange Berufserfahrung im Vertrieb aus.

Kontakt:
ifsm – institut für salesmanagement
Christine Weisrock
Klostergut Besselich
56182 Urbar bei Koblenz
+49 (261) 9 62 36 41
christine.weisrock@ifsm-online.com
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